19.10.2023 16:27
von Petra Basler
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Wir wollen Stalag 326 als Gedenkstätte mit gesamtstaatlicher Bedeutung

Antragsbeschluss der OWL SPD Regionalkonferenz am 14.10.2023:

Die SPD OWL wird sich gemeinsam mit der sozialdemokratischen Fraktion im LWL und ihren MandatsträgerInnen in Bund, Land und in den Kommunen intensiv für ein Lösung zur Realisierung der Gedenkstätte Stalag 326 einsetzen.

Mit rund drei Millionen Toten stellen die sowjetischen Kriegsgefangenen nach den europäischen Juden die zweitgrößte Opfergruppe der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft dar. Die Dimensionen dieses Verbrechens haben in der Erinnerungs- und Gedenkstättenlandschaft der Bundesrepublik bis heute keinen angemessenen Ausdruck gefunden. Es ist daher an der Zeit, mit einer Weiterentwicklung der Gedenkstätte Stalag 326 die Geschichte und Nachgeschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Die erweiterte Gedenkstätte soll das Bewusstsein für Grund- und Menschenrechte, für Demokratie und ein friedliches Zusammenleben stärken. Sie soll an das Leid der Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion und anderen Nationen erinnern und in Verbindung mit dem vorhandenen Ehrenfriedhof sowjetischer Kriegstoter ein würdiges Totengedenken ermöglichen. Sie wird zur Schicksalsklärung beitragen, die Geschichte und Nachgeschichte des Stalag 326 dokumentieren und so wichtige Bildungs- und Vermittlungsarbeitet leisten. Dadurch kann die Geschichte des Stalag 326 für gegenwärtige und künftige Generationen greifbar gemacht werden.

Über Jahrzehnte wurde der Erhalt des Erinnerungsortes ehrenamtlich getragen. In bemerkenswerter Weise ist es - ebenfalls mit großem ehrenamtlichen Engagement - gelungen, ein wissenschaftlich fundiertes Konzept zum Ausbau dieses Erinnerungsortes zu einer Gedenkstätte nicht nur vorzulegen, sondern mit Bundes- und Landes-, sowie Geldern des LWL und umliegender Kommunen zur Realisierung zu bringen. Um den Ausbau des Stalag 326 zur Gedenkstätte mit gesamtstaatlicher Bedeutung zeitnah umsetzen zu können, braucht es eine auskömmliche Finanzierung der Investitions- und Betriebskosten bei fairer Aufteilung verschiedener Finanzierungspartner.

Kommunen in ganz OWL und darüber hinaus - von Bielefeld bis ins Ruhrgebiet - haben von der Zwangsarbeit der Strafgefangenen profitiert. Daraus resultiert eine Verantwortung für diese Gedenkstätte, der alle Kommunen gerecht werden sollten.

Wir begrüßen es daher sehr, dass die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock als Sitzkommune bereits einen Beschluss zur Beteiligung an den Betriebskosten gefasst hat und damit ihrer Verantwortung für die Gedenkstätte nachkommt. Auch Kreise in OWL und die Stadt Bielefeld haben bereits positive Beschlüsse gefasst.

Dass ausgerechnet der Kreistag in Gütersloh mehrheitlich die vereinbarte Beteiligung an den Betriebskosten bisher verwehrt, ist mit Blick auf die hohe Verantwortung mehr als bedauerlich. Dies bringt das ganze Projekt nach ausführlichen Beratungen und Abstimmungen der ostwestfälischen Landkreise sowie der Stadt Bielefeld in Gefahr des Scheiterns. Wir hätten uns ein anderes Abstimmungsergebnis im Kreistag Gütersloh gewünscht und appellieren an die Gütersloher CDU der ausgehandelten Kostenbeteiligung doch noch zuzustimmen. Die Verhandlungen für eine konsensuale Kostenaufteilung unter den ostwestfälischen Kommunen sind ausführlich und bis dato erfolgreich verlaufen. Wir erwarten vom Kreis Gütersloh ein klares Bekenntnis sich nach Kräften für die Gedenkstätte einzusetzen und seiner Verantwortung gerecht zu werden.

Sollte die CDU-Fraktion im Kreistag von Gütersloh allerdings weiterhin nicht verantwortungsbewusst handlungsfähig oder nicht Willens sein, die angemessene Beteiligung des Kreises für Stalag 326 sicherzustellen, werden wir uns dennoch nach Kräften für die Rettung des Projektes einsetzen. Für diesen Fall schlagen wir ein alternatives Finanzierungsmodell sowie mögliche Parameter zur Kostensenkung vor:

Investitionskosten:

Der Bund hat im parlamentarischen Verfahren der Haushaltsberatungen 2019 eine Förderzusage über 25 Millionen Investitionskosten gegeben. Wir werden uns dafür einsetzen dies um 5 Millionen auf 30 Millionen zu erhöhen.

Das Land NRW hat eine Förderzusage in Höhe von 29 Millionen Euro erteilt. Dabei ist allerdings inzwischen transparent geworden, dass in diesen 29 Millionen Euro ein Anteil von 14 Millionen Euro zur Grundstücksübertragung sowie baulichen Trennung von Gedenkstätte und polizeilicher Ausbildungsstätte enthalten sein soll. Dieses war bei der Beschlussfassung durch andere Finanzierungspartner (Bund und LWL) nicht bekannt und bedeutet, dass der Landesanteil an den Investitionskosten für die Gedenkstättenkonzeption faktisch nur 15 Millionen Euro beträgt. Darum fordern wir das Land auf, seine Förderzusage auf die ursprünglich vorgesehenen 25 Mio Finanzierungsanteil für die Investitionskosten der Gedenkstätte transparent zu machen und zuzusagen.

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat mit seinem Beschluss vom 1. Oktober 2021 zugesagt, sich mit 10 Millionen Euro an den Investitionskosten zu beteiligen, sofern sich das Land NRW und der Bund mit jeweils 25 Millionen Euro beteiligen. Wir schlagen vor, diesen Beitrag abzusenken, um dem LWL abhängig von einem erhöhten Landesanteil in einem höheren Umfang an den Betriebskosten zu beteiligen.

Betriebskosten:

Bei den Betriebskosten hat der LWL unterstellt, dass er selbst mit 55 Prozent den Hauptanteil trägt. Die verbleibenden 45 Prozent sollen das Land (20 Prozent) und die Kommunen in OWL (25 Prozent) tragen. Durch den fehlenden Beschluss im Kreis Gütersloh sind damit 25 Prozent der Betriebskosten nicht gesichert.

Um die Neukonzeption und den Betrieb der Gedenkstätte dennoch voranzubringen, schlagen wir vor, weitere Möglichkeiten zu prüfen und in Gespräche mit dem LWL und dem Land einzutreten.

Gleichzeitig erscheint es angesichts des Finanzierungsausfalls von 25 Prozent bei den Betriebskosten gerechtfertigt, diesen Ausfall zudem durch eine höhere Beteiligung des Landes NRW an den Betriebskosten einer Gedenkstätte mit überregionaler Bedeutung zu kompensieren. Darum fordern wir das Land auf, in Abstimmung mit dem LWL einen Vorschlag für einen erhöhten Anteil der Betriebskosten zu machen.

Kosten auf den Prüfstand:

Darüber hinaus sollen vertieften Kooperation mit Hochschulen, Bildungseinrichtungen, der Bundeswehr, der Polizei und dem Netzwerk der NS- Gedenkstätten und Erinnerungsorte in OWL angestrebt werden.

So ist beispielsweise zu prüfen, welche Anteile der wissenschaftlichen Begleitung der Gedenkstättenarbeit durch stärkere Kooperationen mit der Universität Bielefeld aufgewertet werden und in Teilen die Stiftungsarbeit entlasten können. Ziel muss sein, umfänglich Drittmittel einzuwerben, um eine überregionale Sichtbarkeit der Forschungsergebnisse sicherzustellen. Eine Einbindung der Inhalte der Gedenkstättenarbeit in das Curriculum der pädagogischen und/oder geschichtswissenschaftlichen Studiengänge ist aus Sicht der Stiftung wünschenswert und mit der Universität zu eruieren. Hier kann auf sehr guten, bestehenden Kooperationen der Vergangenheit aufgebaut werden.

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